Podiumsdiskussion Politik und ländlicher Raum

„Die Bayerische Akademie Ländlicher Raum versteht sich als Anwalt des ländlichen Raums, aber auch als Plattform der Begegnung und des Austauschs von Wissenschaft, Planung, Verwaltung, Kommune und Politik“, eröffnete Präsident Manfred Miosga die Mitgliederversammlung und bemerkte weiter: „Hier darf durchaus mal kontrovers gestritten werden, doch letztendlich geht es darum, konstruktiv auf der Basis von Fakten um die besten Ideen und Lösungen zu ringen“ –  so auch im Podiumsgespräch mit Vertretern der Fraktionen, die Miosga für den öffentlichen Teil der Mitgliederversammlung eingeladen hatte. Denn 2023 standen nicht nur Neuwahlen für das Präsidium der Bayerischen Akademie Ländicher Raium an, sondern – im Oktober – auch die Landtagswahl in Bayern. Anlass für die Akademie, sich anzuhönren, welche Vorstellungen verschiedene Parteien zum ländlichen Raum  mitbringen.

Doch zunächst ging es um die Befunde aus Sicht des Präsidenten und aus Sicht der Kommunen. Während unser Präsident, Manfred Miosga auf die Herausforderungen, aber auch auf die Chancen der ländlichen Räume im Zuge der vergangenen und anstehenden Veränderungsprozesse der Transformation einging, brachte die Vizepräsidentin des Bayerischen Gemeindetags, Birgit Kreß, besonders die zunehmenden Aufgaben bei gleichbleibenden Kapazitäten der Kommunen hervor

Prof. Dr. Manfred Miosga: Der „Ländliche Raum“ als Lebens, Arbeits- und Wirtschaftsraum

Skript (pdf) – folgt

Präsident Miosga (Foto: Silke Franke)

Der ländliche Raum als Arbeits- und Wirtschaftsraum erlebt eine Zeitenwende, einen anderen Blick auf die Dinge, der bisherige Muster in Frage stellt. Wir erleben „multiple, systemisch verwobene Krisen“, man denke nur an die Energieversorgung und Artenschutz, an Mobilitätsanforderungen und Breitbandausbau, den Strukturwandel in der Landwirtschaft und in den Unternehmen, den demographischen Wandel und die Ausdünnung der Daseinsvorsorge. Hier kann es nicht um Problemlösung „by Desaster“ gehen – wir brauchen ein Redesign!

Dr. Birgit Kreß, Bürgermeisterin des Marktes Markt Erlbach und Vizepräsidentin des Bayerischen Gemeindetags: Kommunen unter Druck 

→Skrip Kress Kommunen unter Druck

Bürgermeisterin Kreß (Foto: Silke Franke)

Kommunen sehen sich mit immer Aufgaben konfrontiert, denn sie sind die Ebene, auf der letzendlich die politischen Ideen und Vorgaben umgesetzt werden müssen. Vorstellungen gibt es viele, etwa den Einsatz von Klimamanagern, Radwegebeauftragten, Bildungslotsen etc., doch die personellen Ressourcen bleiben begrenzt. Zudem springt die Kommune oft dort ein, wo es bei anderen Verantwortlichkeiten „auf den letzten Metern“ fehlt, wie etwa beim Breitbandausbau oder der Digitalisierung der Schulen. Kommunen überbrücken auch Engpässe bei der Nahversorgung, etwa durch Dorfläden oder Rufbusse, sie stehen vor der Aufgabe, die Bürger bei der Energiewende, die vorwiegend auf dem Land geleistet wird, mitzunehmen, und sie veruchen über Innenentwicklung, Wohnbaugesellschaften und Öko-Punktemodell behutsam mit den Flächenansprüchen umzugehen. Gemeinden stehen zwischen den Vorgaben „von oben“  und der „All Inclusive-Mentalität“ mancher Bürger. Was Kommunen dagegen brauchen: eine angemessene Finanzausstattung sowie mehr Handlungs- und Ermessensspielraum, statt noch mehr Förderprogramme, weniger Bürokratie und Nachweispflichten, dafür mehr Vertrauen in die Rathäuser.

„Zur Zukunft des Ländlichen Raums – Stimmen der Politik“

So eingestimmt, lag es nun an den politischen Vertretern, ihre Akzente zu setzen.

Die Akademie diskutiert mit den nachfolgenden Landespolitikern: Florian Schardt SPD-Unterbezirk München-Land), Alexander Muthmann (stv. Fraktionsvorsitzender der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag) Katharina Schulze, (Fraktionsvorsitzende der Fraktion Bündnis90/Die Grünen im Bayerischen Landtag), Moderator Maximilian Geierhos (Vizepräsident ALR), Florian Streibl (Fraktionsvorsitzender der Fraktion der Freien Wähler im Bayerischen Landtag) und Robert Brannekämper (CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, Vorsitzender des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst)

Aussagen aus der Podiumsdiskussion (gekürzt):

„Veränderungen müssen mit den Menschen diskutiert, dann aber gesteuert werden“, etwa: Ausbau der erneuerbaren Energien, eLadesäulen und eine Mobilitätsgarantie für alle Orte in Bayern, verbindliches Flächensparziel (K. Schulze)

„Wir brauchen auch eine Verbindung von Stadt und Land, um gegenseitiges Bewusstsein und Verständnis zu födern“ (F. Streibl)

„Wenn München sich weiter verdichtet und nach außen wächst, wirkt sich das auf die ganze Region aus. Es sollte sich nicht alles auf München konzentrieren, hier sollte das Landesentwicklungsprogramm die Zügel stärker anziehen“ (R. Brannekämper)

„Die Subsidiarität muss mehr zur Geltung kommen, aber auch die Eigenverantwortung der Bürger. Die Zentrale-Orte-Kategorien  stellen aber nur noch ein ‚Muster ohne Wert‘ dar. Tatsache ist, dass es an Infrastruktur fehlt, nicht nur Stromleitungen, sondern auch Einspeisepunkte“ (A. Muthmann)

„Besser als akademische Abhandlungen oder Förderprogramme: Lasst die Leute machen“ (F. Schardt)

Foto: Andrea Bastian – Schatzmeisterin – übernahm als Moderatorin den interaktiven Part: In kleinen Murmelgruppen überlegten sich die Teilnehmer im Publikum gemeinsam Fragen, die sie an die Politik richten wollten. (Foto: Silke Franke)

Entsprechend unserem Bestreben, untereinander in einen stärkeren Austausch zu gehen, konnten im Anschluss an die inhaltlichen Beiträge alle Mitglieder zunächst in kleineren Gruppen diskutieren und ihre eigenen Fragen an das Podium sammeln.

SF

Bilder – Die Akademie im Gespräch