Die Akademie trauert um Alois Glück
Präsident Manfred Miosga: Unsere Akademie ist tief erschüttert
Alois Glück ist völlig überraschend gestorben. Diese Nachricht hat nicht nur viele Menschen in Bayern , sondern vor allem auch unsere Bayerische Akademie Ländlicher Raum tief erschüttert. Unser Patron ist nicht mehr unter uns! Wir verlieren mit unserem hochgeschätzten Ehrenmitglied einen der wichtigsten Fürsprecher für den ländlichen Raum im politischen und gesellschaftlichen Raum sowie einen zähen Kämpfer für räumliche Gerechtigkeit und wertebasierte Nachhaltigkeit. Alois Glück hat die Akademie über lange Jahre mit zahlreichen Beiträgen geprägt und inhaltlich getragen. Neben seinen zahlreichen Verdiensten als aktiver Politiker und ratgebender Mensch sind gerade seine Verdienste für die ländlichen Räume und ein sozial gelingendes Zusammenleben in den Dörfern nicht hoch genug einzuschätzen. Lesen Sie dazu den Nachruf seines Freundes Holger Magel. Wir sind in tiefer Trauer.
Ehrenpräsident Holger Magel: Wir haben unseren Patron verloren
Völlig überraschend für die Öffentlichkeit ist am Montag, dem 26.2.2024, Alois Glück von uns gegangen. Er, der begeisterte Bergsteiger und Radlfahrer, schien mit grenzenloser Gesundheit und Willensstärke ausgestattet zu sein, musste aber offensichtlich nun doch seinem anstrengenden privaten und beruflichen Leben Tribut zollen. Wir erinnern uns: noch 2019 opferte er sich für Markus Söder, um diesem durch Übernahme des mörderischen Vorsitzes beim Runden Tisch zum Volksbegehren „Rettet die Bienen“ aus der Patsche zu helfen. Das war keine Petitesse, im Gegenteil, es war härteste Arbeit nahe an der Belastungsgrenze und Erschöpfung, im Grunde war sie eine Zumutung, steigerte aber seinen legendären Ruf als Versöhner und Brückenbauer. Wer das bisher nicht von und über ihn wusste, wusste es jetzt.
In den letzten Jahren dosierte Alois Glück seine Einsätze und Beiträge, war aber geistig und debattenmäßig unverändert aktiv, weshalb man dieses jähe und schnelle Ende nicht voraussehen, geschweige denn ahnen konnte. Die Bayerische Akademie Ländlicher Raum hat ohne jede Vorbereitung von heute auf morgen einen großen Freund, ja mehr noch, ihren Patron verloren. In diesem kurzen Nachruf möchten wir nochmals sehr deutlich hervorheben, was erstaunlicherweise in den allermeisten Nachrufen auf ihn viel zu kurz kommt: Er war in Bayern der bedeutendste Politiker für den ländlichen Raum der letzten Jahrzehnte. Das kann mühelos belegt werden anhand seiner fast vierzigjährigen parlamentarischen Tätigkeit, aber auch darüber hinaus anhand all seiner vielen Bücher (darunter echte Bestseller), Denkschriften, Wortbeiträge, Reden und sonstigen in Insiderkreisen berühmten diskreten Einflussnahmen.
Vor vier Jahren, zum 80.Geburtstag, wollte ihm die Bayerische Akademie Ländlicher Raum ein Ehrenkolloquium ausrichten, zu dem es aber wegen der Corona Pandemie nicht kam, sehr wohl aber wenigstens zum Sonderdruck der (nicht gehaltenen, aber bereits geschriebenen) Festrede von Holger Magel „Für das Land! Alois Glück und der ländliche Raum“. Glück, der stets Bescheidene, zeigte sich nach Erhalt des Sonderdrucks sehr bewegt und schrieb in seinem Dankschreiben:
„Ich wundere mich selbst immer wieder über meinen Lebensweg, meine Aktivitäten, mein Gespür für Entwicklungen und dann als junger Mensch auch über oft recht ungewöhnliche Innovationen. Es ist ja der Lebensweg eines Autodidakten, der so nur in dieser Zeit des Aufbruchs und ohne die Bedeutung von formalen Qualifikationen und Regelungen möglich war.
Mein Denken war und ist immer davon geprägt, dass ich Entwicklungen beobachte und danach frage, welche Ursachen und Kräfte diese Entwicklungen prägen. In den 1960er Jahren waren es eben der Aufbruch in die moderne Technik, die Mechanisierung in der Landwirtschaft, der Wechsel vom Pferd zum Schlepper. Die damit verbundenen Konsequenzen waren dann das Thema von Erich Geiersberger. Er und Hans Eisenmann wurden für mich wichtige Persönlichkeiten, nicht nur wegen des Themas, sondern auch in ihrer unterschiedlichen Persönlichkeitsstruktur. Die Position des Landessekretärs der Katholischen Landjugendbewegung Bayern hat mir eben auch viel ermöglicht…“
Auch die Bayerische Akademie hatte ihre wichtige, ja große Persönlichkeit, die sie seit Bestehen maßgeblich beeinflusst hat: Alois Glück, der Förderer, Vordenker, Impulsgeber und Gestalter für ein wertebewusstes und im Einklang mit der Natur befindliches Leben auf dem Lande. Vertretern der Ländlichen Raum-Fraktion muss auffallen, dass auch jetzt wieder in den vielen Nachrufen zwar Glücks politische Vermittler- und Vordenkerrolle, sein Einsatz für Umwelt, Kirche, Ehrenamt, Hospiz Bewegung und Soziales gewürdigt wurden, aber nicht seine ebenso zentralen und herausragenden Weichenstellungen für den ländlichen Raum und Ländliche Raum Politik, insbesondere sein Faible für partizipative Dorferneuerung, nachhaltige Flurneuordnung, ganzheitliche Landentwicklung, Integrierte Ländliche Entwicklung.
Er war der politische Schutzherr bei ungewohnten neuen Wegen wie partizipative (und nicht nur pro forma) Bürgerbeteiligung, für Regionale Zusammenarbeit (wie erstmals am Auerberg), für ethisch basierte Leitbildarbeit in der Gemeindeentwicklung, für Capacity Building an den neuen Schulen der Dorf – und Landentwicklung oder eben auch Schutzherr eines neuen Think Tank wie ihn seit 1988 die Bayerische Akademie ländlicher Raum darstellt und dessen Ehrenmitglied er seit vielen Jahren ist. Hierin hat Glück an unzähligen Veranstaltungen mitgewirkt. Danach hieß es oft: „der Glück hat gesagt“ – heißt: das galt dann als moralische, geistige oder gar fachliche Richtschnur. Denn von Planung, insbesondere Bauleitplanung, Baurecht und Baulandpolitik verstand Alois Glück genau soviel wie von Landes – und Regionalplanung! Das kann bestens auch der bekannte Baurechtskommentator und einst oberster bayerischer Baujurist Dr. Helmut Bröll bezeugen. Er war wie auch Holger Magel 1978 dabei, als Alois Glück mit den beiden Ministerialbeamten und seinen Freunden vom Kath. Landvolk auf dem Petersberg bei Dachau eine spektakuläre Tagung zum Thema Neues Bauen auf dem Lande initiierte. Zu wenige wissen, dass Alois Glück auch mehrfach zum Thema Baulandbeschaffung publiziert hat: z.B. 1994 u.a. mit Magel und Bröll „Wege zum Bauland“. Auch den in der Akademie maßgeblich entwickelten Begriff Räumliche Gerechtigkeit hat der tiefreligiöse Glück aus innerster Überzeugung sofort in seinen Sprachgebrauch übernommen, denn er stand ja wie kein anderer für Gerechtigkeit. Und für Wahrheit! Er verwahrte sich vehement gegen Scheinheiligkeit und Oberflächlichkeit. Er hat mit unbestechlichem Auge und klarem Verstand alles auf den Prüfstand gestellt. Glück war auch bis zuletzt an den Bemühungen der Akademie und ihrer Bündnispartner um ein besseres Landesentwicklungsprogramm oder an den Überlegungen insbesondere von Manfred Miosga über eine nachhaltige und menschen- und klimagerechte Transformation beteiligt. Und er war auch sofort bereit, sich am Ehrenkolloquium zum 80. Geburtstag von Freund Holger Magel am 6. Mai 2024 zusammen mit Michaela Kaniber mit einem Festvortrag zu beteiligen. Mit Holger Magel verbanden ihn ja eine jahrzehntelange Freundschaft und erfolgreiche gemeinsame Bücher wie 1990 „Das Land hat Zukunft! Neue Perspektiven für die ländlichen Räume“, 2000 „Neue Wege in der Kommunalpolitik. Durch eine neue Bürger- und Sozialkultur zur Aktiven Bürgergesellschaft“ und 2005 „Neue Netze des Bürgerschaftlichen Engagements (mit Thomas Röbke). Hinzu kamen viele gemeinsame Veröffentlichungen in HSS Schriftenreihen.
Das Thema Bürgergesellschaft, Ehrenamt und Verantwortungsgemeinschaft war auch das Thema des vorgesehenen Festvortrags am 6. Mai 2024. Er wollte und sollte gerade angesichts der derzeitigen gesellschaftlichen Spaltungen nochmals die notwendigen Maßnahmen und veränderten Denkweisen zur Befriedung unsere Gesellschaft herausstellen: das war ihm ja ein großes Anliegen. Keiner konnte das besser als er erklären und mit seiner makellosen politischen und privaten vita auch vertreten! Dazu kommt es nun leider nicht mehr. Vielleicht ist ihm das sogar schon vorausgegangen, als er zum Anfang des Jahres 2024 an Holger Magel fast schon abschließend geschrieben hat: Ich bin dankbar für die vielen Jahre unserer gemeinsamen Wegstrecken bei vielen innovativen Initiativen. Die Zusammenarbeit mit dir war immer ein Gewinn.
Was im einzelnen alles erreicht wurde, kann nochmals im vorerwähnten Festvortrag von Holger Magel „Für das Land! Alois Glück und der ländliche Raum“ nachgelesen werden.
Alle Mitglieder der Akademie verneigen sich mit großem Respekt, aber zugleich großer Zuneigung und Liebe vor dem einmaligen Menschen Alois Glück, der privat so viel aushalten musste und gerade deshalb für eine besonders menschliche Politik stand, gerade deshalb auch so viel Verständnis für immaterielle und sozial -kulturelle Aspekte und Fragen über ein Leben danach hatte. Wir werden seine immer bedachten Ausführungen und klugen Diskussionsbeiträge mit professionellen Philosophen und Theologen wie z.B. Professores Vossenkuhl oder Vogt innerhalb unserer Akademie sehr vermissen. Nie vergessen werden wir seine Geburtshelferrolle bei der Dorferneuerung, ökologischen Flurbereinigung und der regionalen Landentwicklung ebenso wie seine fast schon Lebensretterrolle bei der Bewahrung der Verwaltung für ländliche Entwicklung vor der Zertrümmerung in den Jahren 1995/96. Nicht nur hier, aber da ganz besonders war Alois Glück der absolute Glücksfall für die Verwaltung für ländliche Entwicklung und damit auch den ländlichen Raum. Er konnte deshalb nur verschmitzt lächeln, als dann Jahrzehnte später dieselbe Verwaltung zur zentralen Drehscheibe im ländlichen Raum erklärt wurde. MP Söder im Vorjahr zu den Ämtern für ländliche Entwicklung: Wenn es sie nicht schon gäbe, müsste man sie neu erfinden!
Der Autor diese Zeilen verliert mit Alois Glück einen treuen und hochgeschätzten Freund, der immer auch gefördert und gefordert hat. Seiner Frau und Kindern gilt unser tiefes Beileid.