Ein Nachruf von Holger Magel auf einen einzigartigen Realutopisten

Albert Löhner (1948 – 2021) – er wird uns fehlen!

München, im September 2021.

Natürlich war er gesetzt, Albert Löhner, Landrat von Neumarkt /OPF, als Alois Glück und Holger Magel die Autoren für ihr 2000 erschienenes Buch „Neue Wege in der Kommunalpolitik. Durch eine neue Bürger- und Sozialkultur zur Aktiven Bürgergesellschaft“ festlegten – er war gesetzt als Autor und Vertreter der Landkreise im Kapitel „Wege der Partnerschaft zwischen Kommunalpolitik und Bürgern – Ermutigende Beispiele und Ideen“. Welcher Kommunalpolitiker sonst hätte anregender, erfahrungsreicher und authentischer über „Die Zukunft gehört dem ländlichen Raum mit einer aktiven Bürgergesellschaft“ schreiben können?! Er hatte da ja schon sein Zukunftskonzept für das ehemalige „Armenhaus“ – nun die Wachstumsregion vor den Toren Nürnbergs – also seinen Landkreis Neumarkt, und als Instrument die Regina GmbH gestartet und außerdem längst eine Neuausrichtung von Politik und Verwaltung angesteuert.

Dieser Neuausrichtung ist er treu geblieben, indem er den Erkenntnissen aus der Business- und Managementwelt folgend – es gab keinen in meiner Bekanntschaft, der diesbezüglich belesener und immer auf dem neuesten Stand war, was mir Ministerialem, der ich es ja auch sein sollte und wollte, oft ein schlechtes Gewissen einjagte – in der Landkreisverwaltung neue Steuerungsmodelle einführte. Es war nur ein konsequenter Schritt, dass ihn schließlich 2007 das international längst gängige, in Bayern aber noch recht unbekannte Thema Good Governance faszinierte. Für ihn war das nur noch der konsequente Abschluss seiner modernen Verwaltungs- und Bürgerkultur im Landkreis kombiniert mit Methoden des Change Managements. Er wusste und wollte immer mehr als die anderen und ist deshalb oft schier verzweifelt am Beharrungsvermögen von Staat und Verwaltung. Seine diesbezüglichen (Verzweiflungs-) Ausbrüche bei Akademieveranstaltungen oder bei den „Münchner Bodenordnungstagen“ meines Lehrstuhls sorgten für Verwunderung und Erheiterung gleichermaßen über diesen so besonderen Politiker: hochintellektuell –philosophisch und viel belesen, aber gleichzeitig ein brodelnder Vulkan voll Energie und Angriffsbereitschaft auf das für ihn Überholte.

Es verwundert nicht, dass Löhner immer wieder mit seiner Partei haderte oder mit vielen anderen. Nicht aber mit seinen Getreuen aus dem Bereich der Dorf-und Landentwicklung! Mit diesen verbanden ihn Grundüberzeugungen und eine gemeinsame Geschichte. Es war in Michaelbeuern …

Es war im Herbst 1990, als Albert Löhner und Holger Magel eine faustdicke Überraschung erlebten. In der Pause eines HSS-Seminars (u.a. mit Dieter Wieland) im Kloster Michaelbeuern spazierten beide durch die Innenhöfe des weitläufigen Klostertrakts und entdeckten  plötzlich an einer Tür das Schild: „Schule der Dorferneuerung“. Und das in Salzburg, das doch erst einige Jahre zuvor durch Bayern in Sachen Dorferneuerung „missioniert“ wurde! Der bayerische Stolz war getroffen!

Beide blickten sich an, und beide haben es sofort ausgesprochen: das brauchen wir auch für Bayern! Der Rest ist Geschichte: bereits am 16. Juli 1991 wurde im Kloster Plankstetten, das damals froh war, eine neue Nutzung für leergewordene (Real)Schulräume zu finden, die SDL Plankstetten eröffnet. Das war der Macher Löhner! Sie war die erste in Bayern und blieb anders als das wenig später folgende Thierhaupten, das vom Ministerium fürsorglicher in die Arme genommen wurde, ziemlich eigenständig, manchmal auch eigensinnig. Genau das wollte Albert Löhner so – er war halt so.

Ohne SDL Plankstetten gäbe es Thierhaupten und Klosterlangheim nicht!

Eines muss immer wieder gesagt werden: Ohne die SDL Plankstetten gäbe es wohl keine SDL Thierhaupten und SDF Klosterlangheim. Löhners visionäre Pioniertat und sein Mut, den sofort aufkommenden Schwierigkeiten zu trotzen, öffneten den Weg für alle!! Die SDL Plankstetten war die Referenz für die nachfolgenden Gründungen.

Ich bewunderte oft Löhners Eigenschaft, bei Widerstand einfach zu schweigen und „unsichtbar“ zu werden und alles rauchend abperlen zu lassen, wohingegen ich laut gekämpft und mich womöglich verschlissen hätte. Er wollte trotz gewisser Abschottung aber schon, dass sein „Geistesfreund“ Holger Magel öfters auftauchte an der SDL oder sichtbar auf die Entwicklung im Landkreis einwirkte: Die Mentorenrolle (so die Mittelbayerische Zeitung ) Magels bei der vom Büro Auweck moderierten interkommunalen Allianz NM-Arge8  sei hier nur stellvertretend erwähnt.

Eine ganz besonders spektakuläre gemeinsame Aktion war jene am 26. Januar 2007, als nach gemeinsamen Diskussionen die School of Good Governance gegründet wurde. Prominente Redner waren Erzabt Notker Wolf, Bischof Gregor Hanke und Uwe Brandl. Viele Besucher erfuhren damals wohl zum ersten mal, was Good Governance bedeutet und wie sehr bzw. dass sie zum Inhalt jeder partizipativen Kommunal und Dorfentwicklung gehören sollte. Löhner war auch da seiner Zeit voraus. Bei der großen Akademietagung zum Thema Bürgerschaftliches Engagement mit Alois Glück, Markus Sackmann und Thomas Röbke am 13.1.2010 in Neumarkt war es dann schon eher eine „Schaut her, was da gefordert wird. Das machen wir doch längst“-Haltung.

Bei meinem letzten Auftritt anlässlich der 17. Plankstettener Gespräche 2013 wandte ich mich, u.a. im Beisein von MdL Albert Füracker, angesichts seltsamer LEP-Ideen fast schon flehentlich an Gastgeber Albert Löhner: „Wir brauchen neue Zuversicht für den ländlichen Raum, neue Visionen. Wie hieß es 1988 in Neukirchen: „Was braucht das Dorf der Zukunft? Geld oder Philosophie oder Geld oder beides?“ Am Geld fehlt es nicht – es fehlt an ansteckender Philosophie! Das ist der ewige Auftrag an die SDL Plankstetten, dazu wurde sie gegründet, das auch liegt dem Gedanken der von Albert Löhner initiierten School of Good Governance zu Grunde: gemeinsam im Sinne einer Neuen Verantwortungsgemeinschaft von Staat, Kommunen, Wirtschaft und den alles entscheidenden Bürgern und hier vor allem mit Kindern, Schülern, Auszubildenden und Studenten die Zukunft zu diskutieren und wieder zu träumen.“

Die Familie Löhner zitiert in ihrer Traueranzeige zu ihrem Familienoberhaupt Rainer Maria Rilke: „Danke für den Weg, den Du mit uns gegangen bist“.

Wir, Holger Magel und alle Freunde aus der Dorf-und Landentwicklungsfamilie, möchten diesen Dank auch aussprechen und Albert Löhner zurufen: „Sie waren einmalig. Sie werden uns fehlen. Wir alle werden versuchen, mitzuhelfen, die SDL Plankstetten zu unterstützen und in Ihrem Sinne zukunftsfähig zu steuern und auszurichten.“

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